[ROTTENBURG] Solidarität mit allen Geflüchteten! – Kundgebung + Spontandemonstration

In der Nacht auf Montag stand die Geflüchtetenunterkunft auf dem DHL-Gelände in Rottenburg lichterloh in Flammen und brannte vollständig aus. Sechs der über 80 Bewohner wurden bei dem Versuch sich und Andere zu retten teils erheblich verletzt. Nach bisherigen Erkenntnissen brach das Feuer zwar im Innern der Unterkunft aus, ein technischer Defekt wird derzeit aber, ebenso wie „eine achtlos weggeworfene Zigarette“, als Ursache ausgeschlossen. Zum Zeitpunkt des Ausbruchs vernahm einer der Bewohner Geräusche außerhalb der Unterkunft.

Daher kann und darf ein rassistischer Anschlag nicht ausgeschlossen werden. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass zur Zeit beinahe täglich von brennenden, bestehenden oder geplanten Geflüchtetenunterkünften berichtet wird.

Am Dienstag Abend versammelten sich 300 Menschen auf dem Bahnhofvorplatz um sich mit den Betroffenen zu solidarisieren und ein deutliches Zeichen gegen rechte Gewalt zu setzen. Bereits letztes Jahr nahmen einige Hundert an einer Kundgebung gegen Rassismus in Rottenburg teil, nachdem der Neonazi Jan Biering zwei Frauen aus Gambia krankenhausreif geschlagen hatte.

Vom Bahnhof aus zog der Demonstrationszug begleitet vom Applaus von Anwohner*innen und Umstehenden in die Innenstadt zum Rathausplatz. Hier folgte der Redebeitrag der Antifaschistischen Aktion [Aufbau] Tübingen in dem auf die ideologischen Hintergründe rassistischer Gewalttaten eingegangen und die Notwendigkeit antifaschistischer Praxis und Organisierung hingewiesen wurde. In Rede des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart wurde auf die aktuelle Gefahr und die Auswirkungen und rassistischer und faschistischer Gewalt, auch am Beispiel der Problematik in Rottenburg, thematisiert. Danach wurde der rassistische Koppverlag,welcher seinen Sitz in Rottenburg hat, kritisiert. Die SDAJ klärte in ihrer Rede über die Fluchtursachen und die Rolle des „deutschen Imperialismus“ auf. Im Anschluss daran lief die Demonstration laut und kämpferisch zurück zum Bahnhof wo sich die Versammlung auflöste.

Wir bedanken uns bei Allen, die an dieser kurzfristigen Aktion teilgenommen und ein starkes kämpferisches Zeichen gegen rassistische Gewalt und für die Unterstützung von Geflüchteten gesetzt haben.

In diesem Sinne:
Solidarität mit allen Geflüchteten!
Die Antifaschistische Aktion aufbauen!

Antifaschistische Aktion [Aufbau] Tübingen

Diesen Bericht inklusive Fotos findet Ihr auch HIER

Im Folgenden dokumentieren wir unsere Rede:

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,

Bereits vor knapp einem Jahr haben wir uns hier zusammengefunden weil der Neonazi Jan Biering zwei Frauen aus Gambia verprügelt hat. Damals waren wir wütend und bestürzt darüber, dass so etwas überhaupt passiert. Heute lesen wir jeden Tag von einer neuen brennenden Geflüchtetenunterkunft irgendwo in der BRD. Und trotzdem sind wir jedes mal bestürzt wenn es erneut passiert und fühlen uns ohnmächtig, wissen nicht wie wir handeln sollen. Wir können nicht vorhersehen wann und wo es passiert.

Aber, und das muss die Aufgabe aller sein, wir müssen spätestens danach alles dafür tun dass den Betroffenen geholfen wird! Unsere Solidarität gilt all jenen die Tag für Tag von Angriffen durch Rassisten und Faschisten bedroht sind.
Wir sind heute hier weil wir ein deutliches Zeichen gegen rechte Gewalt und ihre perfiden Auswüchse setzen wollen: Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte!!

Aber nicht nur hier in Rottenburg gibt es sie! Gestern Nacht in Eppingen bei Heilbronn, Remchingen, Weißach, Heppenheim, Wehr am Rhein, Balingen um nur einige aus der Gegend in der letzten Zeit zu nennen! Immer wieder kommt es auch zu pogromartigen Zusammenrottungen von sich als „besorgte Bürger“ tarnenden Faschisten und Rassisten wie in Heidenau. Überall dort, wo es darum geht etwas gegen Flüchtlinge zu tun, ist die NPD mit ihrer Hetze nicht weit.

Beispielsweise in Meßstetten. Im August letzten Jahres kündigte die NPD an, sich an einer Informationsveranstaltung zur damals geplanten Landeserstaufnahmestelle, kurz LEA, zu beteiligen. Diese gibt es nun seit November 2014. Genau dort will die NPD jetzt eine Landesgeschäftsstelle einrichten. Und nicht nur das. Das Objekt der Begierde, der Gasthof „Waldhorn“, befindet sich keine 10 Gehminuten von der LEA entfernt. Den Kauf gilt es mit allen Mitteln zu verhindern! Wie die Geschichte zeigt können wir uns beim Kampf gegen Rechts nicht auf staatliche Stellen und Behörden verlassen. Nach den Brandanschlägen auf Geflüchtetenunterkünfte Anfang der 90er Jahre wurde das Asylrecht verschärft. Durch eine erneute Änderung im Juli diesen Jahres werden nahezu alle Geflüchteten zu Kriminellen gemacht. Rassismus ist fest der bürgerlichen Mitte verankert! Dies zeigt die aktuelle Asyldebatte bei der gute stichhaltige Argumente für die Aufnahme von Geflüchteten mit Stammtischparolen a lá „Das Boot ist voll!“ beantwortet werden. Auch Politiker der sogenannten „etablierten Parteien“ tragen mit Aussagen in „Ein Volk hält auch nicht alles aus“-Manier ihren Teil zur Stimmungsmache gegen Geflüchtete bei. Denn mit der selben Rhetorik arbeiten auch AFD NPD und PEGIDA. Das alles spielt den rechten Hetzern natürlich in die Hände und bestätigt sie in ihrem Handeln.

Rassismus ist Teil des staatlichen Handelns!
So wird derzeit vor allem darüber diskutiert wie „unechte Flüchtlinge“ schneller abgeschoben werden können. Allein diese Unterscheidung zeigt dies. Denn Menschen flüchten nicht einfach so und lassen ihr vertrautes Umfeld zurück. Alle Menschen fliehen aus großer materieller Not, vor Verfolgung oder Unterdrückung. Deshalb lehnen wir die staatliche Abschiebepraxis in Gänze ab.

Rassismus dient zur Spaltung der Gesellschaft!
Auch in der aktuell aufkeimenden Debatte um Geflüchtete, wird Rassismus oft als Problem der „Dummen und Einfältigen“ inszeniert. Plumpeste Hetze und offen menschenverachtende Formulierungen, in denen sich einige, zum Beispiel via Facebook, die kollektive Vernichtung aller Flüchtlinge herbei wünschen, laden tatsächlich dazu ein, die Verfasser*innen in den Zustand geistiger Umnachtung zu rücken! Freilich ohne dabei die Urheber*innen solcher Aussagen von ihrer Verantwortlichkeit für den menschenfeindlichen Inhalt frei zu sprechen, ist die Ursache für solchen Rassismus jedoch nicht nur im vermeintlich niedrigen Intellekt derer zu suchen, die solches Gedankengut in sich tragen und äußern. Die Beurteilung sozialer Gruppen orientiert sich heute vermehrt an den Maßstäben kapitalistischer Nützlichkeit, Verwertbarkeit und Effizienz, welche in der Konsequenz die Gleichwertigkeit aller Menschen in Frage stellt und sozialer Spaltung und gesellschaftlicher Desintegration Vorschub leistet. Demnach überrascht es uns nicht, dass vor allem die sogenannte bürgerliche Mittelschicht anfällig für Rechtspopulismus und Rassismus ist. Im Zuge der sich verschärfenden
sozialen und ökonomischen Ungleichheiten, fungiert Rassismus als Instrument der Abgrenzung. Gemäß der Doktrin: „Nach oben buckeln und nach unten treten“ dient rassistische Ideologie zur Abwertung gesellschaftlicher Gruppen mit niederem sozialen Status. Dieser Dynamik folgend, ist es die „Mitte der Gesellschaft“, in der Rassismus stark verankert ist und als Kompensation für die immer drohende Gefahr des sozioökonomischen Abstiegs herhalten muss.

Rassistische Mechanismen und Praktiken einfach nur zu benennen reicht uns aber nicht aus! Es ist für uns wichtig, mit Euch gemeinsam, den Widerstand dagegen zu organisieren und unsere Solidarität mit den Betroffenen auszudrücken. Wir müssen uns vernetzen, eigene Strukturen aufbauen und unsere Mittel im Kampf gegen Faschisten und Rassisten selbst wählen. Es ist an uns Antifaschistinnen und Antifaschisten sich zusammenzuschließen und zu organisieren damit wir gemeinsam und solidarisch die drohende Gefahr von Rechts abwehren können. Durch das gemeinsame entwickeln einer zeitgemäßen Theorie und Praxis können wir als kämpferische antifaschistische Bewegung erstarken und so den Einfluss der reaktionären Kräfte in dieser Gesellschaft zurückdrängen.

Im Kampf gegen Faschismus und Rassismus berufen wir uns deshalb auf unsere Gemeinsamkeiten! Denn es ist uns wichtig, den antifaschistischen Widerstand auf eine möglichst breite Basis zu stellen und sich nicht spalten zu lassen!

Bei rechten Aktivitäten gilt:

Kein Vergeben – Kein Vergessen!
Solidarität mit allen Betroffenen – Refugees Welcome!
Die Antifaschistische Aktion aufbauen!